Kekrk Skelett
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Der Besuch des Nietzsche-Hauses in Sils Maria sollte eine Pilgerreise zum Heiligtum eines der brillantesten Köpfe der modernen Philosophie werden. Doch was ich dort vorfand, war eine groteske Karikatur der erwarteten intellektuellen Erhabenheit.
Die Erfahrung begann mit einer beinahe kafkaesken Szene: Zwei italienische Touristen hatten sich ungeniert in Nietzsches Bett niedergelassen, offenbar in der irrigen Annahme, sie könnten den „Übermenschen“ zeugen. Diese absurde Posse ließ mich unwillkürlich an die nächste Eskalation denken: Werden sie als nächstes einen Baum auf Nietzsches geliebtem Berg pflanzen oder versuchen, sich von einem „Blitz des Übermenschen“ treffen zu lassen? Die schamlose Aneignung und Verballhornung von Nietzsches philosophischem Erbe war nur schwer zu ertragen.
Der intellektuelle Niedergang setzte sich fort, als ich im Haus auf einen jungen Mann in vollständiger schwarzer Montur traf. Mit einer fast litaneihaften Penetranz wiederholte er das Zitat: „Every deep thinker is more afraid of being understood than of being misunderstood.“ Diese vermeintliche Weisheit, die er offenbar für tiefgründig hielt, wirkte in ihrer ständigen Wiederholung nur noch lächerlich und bemüht „edgy“. Der Versuch, durch Zurschaustellung eines abgedroschenen Zitates philosophische Tiefe zu simulieren, entlarvte lediglich seine eigene Oberflächlichkeit.
Den Gipfel der Absurdität erreichte mein Erlebnis, als eben dieser junge Mann begann, vor meinen Augen eine Kugelschreiberzeichnung Nietzsches anzufertigen. Diese groteske Darbietung, die wohl künstlerische Inspiration suggerieren sollte, wirkte in ihrer anmaßenden Banalität geradezu parodistisch. Es schien, als wäre das Nietzsche-Haus weniger ein Hort der geistigen Erleuchtung, sondern vielmehr ein Treffpunkt für selbsternannte Intellektuelle und Möchtegern-Übermenschen.
In summa, mein Besuch im Nietzsche-Haus war eine herbe Enttäuschung. Ein Ort, der potenziell ein Refugium der kontemplativen Auseinandersetzung und tiefgründigen Reflexion sein könnte, wurde zu einer Bühne für bizarre Selbstinszenierungen und schillernde Pseudointellektualität degradiert. Daher werde ich dieses groteske Spektakel wohl nie wieder aufsuchen.